Kulturgeschichte der Nutzpflanzen

Ludwig Reinhardt

minore

5lulturaefd)id)te bcr ^lu^pflanjen

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Sie (Erbe unb bte 5iultur

Die (Eroberung unb 9tutjbarmad)ung ber (£rbe burd) ben SItenfdjen

3n SJerbinbung mit gad)gelel)tten gemeinüerftänblid) bargeftellt von

Dr. ßuimrig 9lcin^ari)t

5Bb. IV in jroei Seilen

5lultutöef<f)itf)te ber SRu^pflanaen

anfingen 1911 Serlag oon ttrn|t «Rein^arbt

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5lulturgef djidjte t>er Jlu^pflaitäen

von

-

Dr. ßubuug 5Reml)ari>t

33anb IV, L gälfte

mit 57 Slbbtlbungen im Sext unb 90 Äunftbrucftafeln

9Jlünd)cn 1911 Söerlag oon CEtnft 9leinl)arbt

Sllle <Red)te oorbcfaltcn

«oBberaT^e SBu^bmAtttt, fletpitfl.

2)ic emfige $or[d)erarbeit ber legten Zafyxtffynte fjat auf bem meiten (Gebiete bet allgemeinen 3ulturgefd)id)te eine OrüUe Don SHaterial guf ammengetragen, bas aber, bem Slitfjtfarfjmann unguganglia), in miffenfdjaftlitfjen 3*ltfd)riften imb 2Honograpt)ien verborgen mar. (Es aus blefem $ornrösa)enf$laf gu ermemen unb bem meiten Äretfe ber Gebiibeten gugängürf) gu madjen, mar eine (ockenbe Aufgabe, ber td) mi$ in (ßemeinfa^aft mit bem <5eograpf)en unb STationalönonomen Dr. $oft unb anbeten ftatfjgele&rten gern unterzogen Ijabe. gemiffem Sinne bübet es eine (Srgänjung unb (Erweiterung bes in gläsern ©erläge erfd)ienenen Sammelmerbes „SÖom 9lebelftedi gum Suenfdjen*; benn menn bort oerfudjt mürbe, bie lange (5efd)id)te ber 9tlenfd)merbung gu fdjübern, fo foll in „2)ie (Erbe unb bie fiultur" gegeigt merben, mie ber 2Itenfd) im Saufe ber 3ö^rtaufenbe bie (Erbe erobert unb feinen 3roedten bienftbar gemadjt t)at

5>te ©üebcrung bes ©efamtmerhes ift bie folgenbe: SBanb I: S)ie (Erbe unb Ujr 2Btrtfd)aftsleben (oon Dr. 9t $ofc). SBanb II: Kultur* gefd)id)te bes Stlenfctjen. SBanb IQ: flulturgefdjidjte bei Studiere. Sanb IV: flulturgefdjidjte ber STufcpflangen. 3eber 23anb ift in ftd) abgefdjloffen unb eingeht Rauflid). S3anb IV ift foeben erfdjienen, SBanb I unb m erfdjeinen im ßaufe bes 3al)res 1911, »anb n im Sommer 1912, fo bafe fpäteftens im fcerbft bes 3ö^res 1912 bas gange SBerfe ooll|tänbig fein mirb.

3n bem oorliegenben Soppelbanb w3)ie £ulturgefd)id)te ber OTufepflangen* fud)te icr) bas fortgufefcen, mas einft ber feinfinnige Wlologe 25ictor $ef)n für einen Xeil ber bekannteren äulturpflangen begonnen Ijatte: eine (Eefdjidjte ifjrer 2)omeftikation unb ir)rcr SCanbe* rung über bie (Erbe im (Befolge bes SHenfdjen gu geben, ©in Süenfdjen* alter ift feit bem (Erfdjeinen oon §efjns 2Berk oerfloffen, manajes t;at fict) geänbert, bagu ijabe id) ben ©egenftanb nad) allen Seiten er* meitert; benn nta)t nur bie ßulturpflangen follen in bem SBerke be-

337320

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tjanbelt roerben, fonbern bie Slu^pflanjen im metteften Sinne bes 2Borte». (Sine brülle non ßtteratur mar &u fixten unb $u bearbeiten, faft ju grofj für bie Arbeitskraft eine» einzelnen 9Hen[c^en. 3<# fjabe mid) bemüht, allen toiffenfc^aftlicrjen Sallaft roegaulaffen unb burdj grünbltdjes Ouellenftubium bas Ijeute Siäjergeftellte in klaren 3ugen gemeinnerftänblid) barsuftellen.

ffiefonbere Sorgfalt rourbe auf bie Silber oerroenbet, bie auf fiunft* bnufetafeln, größtenteils nad) noa) unneröffentlidjten $f)otograpt)ien, bem lerte beigegeben toerben.

2ülcn ©eletjrten, bie mid) in meiner Arbeit in juoorfeommenber SBeife unterftüfct ^jaben, fpcea)e id) aud) an biefer Stelle meinen oer* binblidjen 2)ann au«.

SBafel, im Oktober 1910.

Dp. ßubwig tteingarbt

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3nf)alt bes erften SBanbes.

1. Die (Setreibearten. 1. Der SOetaen unb [etne Abarten 1

2. 5Me (Setret beerten. 2. (Serfte, Koggen, frafer, &irfe unb ffucfttpeiflen . 26

3. 3Me Cerrftbeaitm «eto unb TOats 52

4. SMe Qrtmfttbaumc. 1. Seil 72

5. 3Me grufltbaumc. 2. Xetl 155

6. 5Me Agrumen 237

7. SMe (Semüfearten 256

8. (Sfebare flnollengctuäcb,[e 349

9. 5>ie Clgetoflchje 399

IQ. 5)er 3udter 436

11. 5>er flaffcc 454

1 2. 3><t See 475

13. CD er flahao 500

14. 3Me (Seroürae 516

15. 3>tt beraufcftenben (Setränhe 596

16. CDte betflubcnben %f[onxcnftoffc 647

17. 5)ir Saboh . 665

18. 3>ic (SftnmqrereQCt 688

I.

Die ©ettefoearten.

Der 2Bei5cn unb [eine Abarten.

$ie älteften oom 2Henfd)en in ftultur genommenen Slutjpflanjen finb, fomeit mir bies f)eute ju beurteilen vermögen, SBeijcn unb ©erfte, bie irgenbmo in SJorber* ober Sllittelafien, oon fürforgenben Sfrauen gcfammelt unb gehegt, fpäter aua) angepflanzt, mit ber 3eit bura) fortgefefote 91uslefe &u ©penbern befonbers groger, mctjlteirfjcr 3örnerfrüd)te gebieten. SHefe mürben ntd)t nur üjnen unb ityren ftinbem, fonbern aud) ben junäd)[t ausfd)lieglid) oon ber 3^8° un° fpäter, nad) ber 3ät)mung unb Slufeud)t oon Haustieren, oon S3tef)3ud)t Iebenben SHännern ju einer immer unentbe&rlidjeren 3uk°f* ju ber oon bieten gelieferten £rleifrf)nat)rung.

2Bcü)renb ber Sftann ber Urjeit mit feinen Slppengenoffen ber 3agb oblag, fud)te bie Sfrau für fid) unb iljre Äinber, fomeit fie nidjt metyr oon i^r gefüllt mürben, mos bamals in Sinologie mit fjeute nod) auf berfelben ftulturftufe Iebenben SBölkern jmei bis brei 3°*)** 9*5 bauert Ijaben mag, bie für fie erreichbare, rjaitptfäcr)ltcf) aus SSegetabilien unb kleinen lieren mie 2Bürmern, Schnecken, $eufcrjredien, ßäfern, Raupen, ftröfdjen, (Eibedtfen, ©anlangen unb bergleier)en befter)enbe 9lar)rung. SIRt bem jtemlicr) langen ©rabftock r>erfer)en, ben fie als Unioerfalmerhaeug unb SBaffe ftets bei ftrr) führte, 30g fie, oon tyren ätnbern begleitet, in bie ©peife irgenb melier Slrt jur Stillung bes ftets regen Hungers oerfpredjenbe 9lacr)barfd)aft bes femeiligen fiager* plafces, um r)tcr alle möglichen, it)r als narjrr)aft bekannten aBur^eln, Srrüdjte unb Sämereien ju fammeln unb jugleicr) alle ir)r babei ent* gegentretenben kleineren Siere ju erbeuten. 2Bas ntcfjt fofort öcrjetul mürbe, manberte als SJorrat in bie nritgefürjrte frelliafd)e unb fpäter in ben aus SBinfen ober 95aft geflochtenen ftorb, um bann, ro& ober

* e I n b a x b I , SuIhtraerftUftte ber llu»pflanj«L I. 1

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2

Sie ©etretbearten.

fdjroad) am freuer ßwöftet, als ©petfe su bicncn. HnberoegUd), roie fic burd) bie OTuttcrfcfjaft geworben mar, 50g fie notgebrungen bas für fie erreidjbare minbermertige kleinere bcm begefjrensmerteren

©röfceren oor.

S)er viel bemeglidjere Sllann bagegen beoor* jugtc als 5Tat)tung bie oorjugsmeife in ©Otlingen unb Fallgruben ober burd) $lnfd)leid)en unb §efcen üon itjm erbeuteten größeren Xiere. Slber in bem Silage als bie SBeoölkerung bes ßanbes. gunafjm unb ber 2Btlbreid)tum burd) bie unausgefetjten 3agben fid) oerminberte, natjm biefe Slatjrpflanjen 5ur Stillung bes Jüngers fud)enbe lätigkeit ber Frau an 93ebeutung ftetsfort &u. ©0 kam fie in ber ftürforge für fict) unb tljre fiinber nad) unb nad) bagu, nidjt blofe gemiffe Geniere mit iljr allein bekannten ©tanborten naf)rf)after fßflanjen, beren 3al)l für jene fetjr menig roät)lerifd)en SHenfdjen ber Hrjeit felbftoerftänblid) unt>ergleid)lid) größer mar, als mir es uns Ijeute Dorfteilen können, für fid) ju referieren, fonbern aud) fpäter in für= forgenber Arbeit felbft ©amen biefer STatjrungs* pf langen ausjuftreuen, in ber beredjtigten (Ermar*

mm 1 k"10' ^iet cin^ miu)clos füt oic 3^gen ernten 5U

9IM Steinhuacl be« k°nncn-

Werter ©rabrto* mx aulturmenfdjen, bie bas ßemoMeits; eines ©ufämann« mafeige ©rieben felbft ber aufeergemöljnlidjften <Sr* roetbee in bet Stei- fdjeinungen oollftänbig abgeftumpft t>atf fo bafe mir

biefelben als ganj felbftoerftänblid) fjinnefmten unb gar nidjt meljr barüber nadjbenken, überfein ge* mölmlid), meldje au&ergeroötjnlidje ^Begabung unb S5erftanbesfd)ärfe bagu erforberlid) maren, bis ein Sllenfd), unb groar ein armfeliges, fdjroadjes 2Betb, von ber fürforgenben Sllutterliebe getrieben, ooll Hoffnung, bereinft t)ier ernten 5U können, bie erften Samenkörner einer Slä^rpflanje in bie oorfjer oon tyr mit bem ©rab* ftodi gelodierte (Erbe ftreute.

3)en alten ©riedjen, meldje ben erften Regungen menfa^lidjer ©e= fittung nätjer ftanben als mir, erfdjien ein plannolles (Erbenken bes UUkerbaues, bem ber primitioere §adtbau oorausging, als für

I

lung, »ie er jum Ausgraben von natyrljaften 2Bur$eln uon ibr in ben 95o« ben getrieben 311

werben pflegt. (Starli oetkleinert.)

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3)te ©etreibearten.

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menfdjlidje SÖerftanbeskräfte vollkommen unerfafclid) unb unbenkbar. 5>est)alb fdjrieben jie btefe fo überaus mertoolle, ben £eim $u aller t)öt)eren ©efittung überhaupt legenbe ©rfinbung einer ©Ortzeit 51t Hnb fo mie fie bauten alle anberen Kölker ber ©rbe auf gleidjer (Erkenntnis* ftufe, bie alle biefe fo überaus folgenfdjmere ©rfinbung als ©efdjenk einer ©ottyeit betraa^teten unb nidjt als *probukt menfd)ltd)en Fenkens auffaßten.

OTItt bem erften $flan5enbau, ben foldjermafcen bie fürforgenbe Sllutterliebe einer intelligenten fttau bei Urjeit in ben Sinn gab, felbft roenn er nur oon SBanbertjorben am 6ommerlagerplafc armfelig genug betrieben mürbe, waren alle künftigen %ort\ abritte ber 2Henfd)f)eitss entnücftluna, im Seime gegeben. $lid)t nur f)örte bamit ber Stlenfrf) auf als Sllmofenempfänger in ben SBilb* unb SBurjelgärten ber Statur oon ber fiaune bes Slugenblims unb 00m 3ufall bes Xages abju^ fangen, feine 3ukunft mürbe eine me&r unb met)r geftcrjerte, oon ber ungemiffen 3<*gb unabhängige.

3)iefe frieblicrje, ifn* innerhalb bes JJramilienoerbanbes eine ju= nel)menbe 2uad)t oerlettjenbe Xatigkeit ber 3frau führte fie früher fa^on auf eine tjörjere ftulturftufe als ben 9Rann, ber lange nur als ein ge* bulbetes Slnljängfel ber SHutterfamilie erfdjien; benn in ber §aus= Haltung, bie bas 2Beib ber Hrgeit mit tyren Sinbern führte, mar ber 5Hann lange 3*ü nur eine 9lrt fpenfionär, ber für bie ©unft, oon ber ^flanjenfpeife miteffen &u bürfen, 00m ©rtrage feiner 3^0° menigftens etmas beijufteuern fjatte.

(£rft auf einer fpäteren ©ntmimlungsftufe ber 2Henfrf)f)eit mürbe bas 2Beib, meil es fajmäajer mar unb firf) nidjt gegen foldje SSergemal- tigung oon feiten bes 2tlannes 5U mehren oermorf)te, oon biefem als ©klaoin unb Arbeitstier betrachtet. %üz fid) felbft 50g er bas fü&e Sflidjtstun oor unb bürbete alle Sirbett bem 2Befbe auf. Slber mit bem flber^anbnetjmen ber SJolksjat)! genügten bie frrauenarme balb ntd)t met)r, um ben äunädjft an»fcr)ite^licr) oon biefen geübten fcackbau jur Orütterung ber fia) mefjrenben ©tammesgenoffen ju bemältigenr jumal tynen alle fonftigen §ausgefd)äfte: bas Socken, bas SBebcn ber ßlei= bung, bas ©erben ber f>äute, bas formen unb ©rennen bes Ions 5U ©efcfjirr, ber Hausbau unb mos fonft nod) in ben ©ereiaj i^rer <pflid)ten fiel, oblagen. Unb bie 3acjl biefer meiblidjen Arbeiten mürbe mit ber befferen 2ebenst)altung in junetimenbem Slla&e gefteigert, fo bafc bie Orrauenkraft mit bem beften SBillen allen an fie geftellten ftorberungen nia)t met)r genügen konnte. 5>a galt es männliaje Äraft jur ©e=

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3)ie ©etretbearten.

mtnnung ber für bie roadjfenbe SBeoölkerung immer roidjtiger toerben* ben Slärjrfrüchte ju gemimten. 5)iefe aber leiftete junachlt ntd)t ber freie 2&ann, bem bie Slrbeit oon jeher als größter Schimpf galt, roie mir bei allen auf biefer ftulturftufe oettjarrenben ^enfchhettsftämmen 5u beobachten oermögen, fonbern baju mürben bie Kriegsgefangenen oerroenbet, bie man bis batrtn getötet, b. h- ben gefürchteten Gkiftern mächtiger SBerftorbener, bie fief) allmählich ju ©Ortzeiten entmicnelten, geopfert &atte, meü man nichts mit ilmen anjufangen mu&te. 60 er= kannten bie Stämme ber Jüngeren Steinzeit balb, bafe biefe lötung eine unbegreifliche S5erfcrjmenbung gemefen mar. deshalb mürbe fte als unjmeckmä&ig abgefd)afft unb man begnügte fid) als Dpfer für bie ftegoerleirjenben 9naa)te bie Anführer ober nur menige, burch bas ßos beftimmte SHänner aus ber 3<*hl oer (Befangenen ju [djlacfjten. 2He übrigen blieben am Beben unb mußten als Knechte ben Sicker be= [teilen unb alle fernere Slrbeit oerridjten.

9loct) tntenfioer oermochte man ben fianbbau ju betreiben, als ju biefen unfreien hörigen als erften männlichen Arbeitern bie 3^0^°^ bes junäcrjft blofe jur 2tlilchs unb ftletfa^getoinnung 00m SHanne ge« jücfjteten Slinbes t)in5u^öm» bas ben als ^ortbilbung ber fjache er« funbenen einfachen §akenpflug jur Auflockerung bes IBobens oor ber Slusfaat bes ©etreibes burd) ben jum Slckerfelbe beftimmten 33oben ju jtet)en hotte. SBefonbers ausgiebig Konnte ber burch Kaftration bem menfcfjlichen 2Billen gefügiger gemachte Stier als Dcfjfe ben jpflug stehen, unb mit feiner Sllitrnlfe oermochte man immer größere fiänbereien bem einbaue ber 9taf)rung fpenbenben älteften Slufcpflanjen bienftbar $u machen.

3n bem STlafee als fleh ber äu&ere ^Betrieb bes ftelbbaues oerooll« kommnete, oerbefferte fich auch ö*c SBefcfj Offenheit ber in menfchlicfje Pflege unb Kulturauslefe oerbrachten Körnerfrüchte, bie neben ben e&baren Saumfrüchten unb SBurgelknollen, melche aber erft fpäter in Einbau genommen roerben konnten, als bie älteften Stumpf langen bes SKenfcfjen gu gelten haben. Schon auf ber Stufe bes umfjerjiehenben ©ammlers müffen bem Stlenfdjen bie in bieten SBeftänben beieinanber roacfjfenben ©rasarten in erfter fiinie als Stahrungspflanjen aufgefallen fein. 5Ilod)ten ihre mehlreichen Samen auch nur klein fein, fo erfefcten fie ben SÜangel an (öröfcc burd) ihre leicht anjuhäufenbe grofce 3<*hL Xlnb als er $um Slusfäcn ber (Setreibekörner übergegangen mar, griff er umrriUkürlicf), um eine größere 9Itenge baoon gufammenjubringen, nach ben großen, in möglicfjft kräftig aufgefchoffenen öaimen befind

Die (fcetretbearten.

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lirfjen 6amcn. Sa)on bamtt mar ber erftc Sdjritt jur unberou&ten 3ud)tmal)l getan, meldje oon felbft roetterfdjritt, menn auf bem jur Slusfaat getoä&lten ftelb untCt bcn atemltd) bid)t nebeneinanber aufs fdjie&enben fcalmen im Hingen nad) ßuft unb 2ia)t bie kräftigeren ^Jflanjen bie Dbertjanb gewannen, mäfjrenb bie fd)toäd)Ud)eren unter* brüifct mürben unb bamit aus ber 3ud)t ausfdjieben.

3e nad) ben klimatifc&en SBerfjältntffen unb ber SBefcx>affenr)eit bes »oben« entwickelte fi$ bie betreffenbe, in bie Pflege bes 3u"enfd>en ge* nommene ^flanje nad) oerfdjiebenen 2ttd)tungen meiter. 2>aau kam bie Ü)r tnnemofjnenbe Variabilität ober Veräuberungsfäfjigkeit, melaje plöfcHa} neue (Eigenfdjaften in tt)r sutage treten liefe. SKefe auffallen* ben abroeidjenben formen fuä)te fla) ber SHenfa), menn fie fid) als für it)n nufcttd) ermiefen, befonbers aus unb oermeljrte fie burd) getrennte Ulusfaat 60 entroimelten ftd) ummllkürlid) aus einer unb berfelben Stammpflanae mit ber 3eit bie mannigfaltigften Sulturforten, bie ü)re Herkunft aus jener einen Slrt kaum glaublid) erfreuten lieg. Sta&er kommt es, ba& alle feit längerer 3eit in ber Pflege unb äulturauslefe bes 9Henfd)en befinblidjen Slufcgemädjfe eine fold) unüberfefjbareSnannig* faltigkeit oon formen aufmeifen unb in fo ja^lreiaje Unterarten mit allen Übergängen ineinanber aerfallen, ba& es ganj umnögltd) ift, fie alle ju fdjeiben.

SHe ältefte 00m SHenfdjen in Pflege unb ßulturauslefe genommene (Betreibeart mar ameifellos neben ber (Werfte, bie befonbers in (Europa bie erfte Verbreitung oefafj, ber 2Beijen (Trittcum vulgare). (Er mürbe irgenbmo im roefta[iati[d)en Steppengebiet oon einem Ijeute nidjt meljr feftjuftellenben, ju 91nfä[figfceit unb t)öf)erer Kultur fortgefrfjriitenen Volke aus einem SSilblinge mit kleinen ©amen 5ur nridjtigen 2Iäfyrs frud)t mit großen, mefjlretdjen hörnern erhoben. 5)er gemeinfame Sefitj biefer fiajer fdjon oor meljr als IOOOO 3äf)ren in menfd)lid)e Dbljut unb Pflege genommenen (ftrasart bei ben älteften ßulturoölkern SSefU afiens unb &gt)ptens, mie aud) bei ben aus bem 3nnem Alflens, ben Oafen am 6übranbe bes Xarimbemens etma im oierten oord)rift(id)en 3al)rtaufenb nad) Dften gemanberten unb als bereits reine Sl&erbauer in ben frudjtbarften, aus 2ö&, bem beften (Betreibeboben, beftefjenben (Segenben 2?orb4)inas anfäffig geworbenen (Sljinefen liegen eine jentral* afiatifdje Herkunft bes SBeijens annehmen. 60 f)at oor allem ber <5trafcburger Botaniker fr ©raf 5U Solms*ßaubad) eingetjenb bajutun Berfudjt, bog bie SBiege ber 2Beijenkultur in 3entralafien gefudjt roerben muffe, ju einer 3eit als bie SBüfte (ßobi noa) 00m SHeere btbwbt mar

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3>ie ©etreibeartcn.

unb bic Gfjinefen unb bic roeftafiatifdjen Sulturoölker nod) näljer bei« einanber tootjnten. 9Us bann mit bem SBerfdjtoinben bes Slleeres bic (Ejiftenäbebingungen bes SÜenfdjen in jenen nieberfdjlagsarmen ©egen* ben fid) oerfcrjUmmerten, feien etftere nacr) Dften unb leitete nad) SBeften ausgeroanbert unb Rotten biefe it)re roidjtige ältefte Äulturpflanje mit* genommen.

60 fdjön nun biefe Slnnafjme klingt unb fo nerlodtenb fie aud) auf ben erften ©liefe erfdjeint, fo kann fie bod) roofjl kaum länget auf* rcd)tert)alten merben, benn bisher ift nod) nirgenbs in 3cntrolofien roilbroaa^fenber SBetjen angetroffen roorben, rooljl aber in SBeftafien. 2)ort ift neuerbings mit großer SBar)rfcr)etnItd)keit in Werften unb am Sintilibanon bie nrilbe Stammform bes Sßeiaens mit kleinen Samen* Römern unb jiemlid) brüdjiger Sptnbel, alles Slterkmalen, bie auf urfprüngltdje SBilbljeit unb nidjt bloß S3eruMlberung fdjlie&en laffen, gefunben roorben. 3ulefct gelang es $laronfof)n im 3af)re 1906, fie aud) am Süboftab&ang bes fcermon im SBeftjorbanlanbe, in 9lofd) *pinaf) unb an ben Dftab&ängen bes 3)fdjebel Safeb unb ftanaan in einigen ooneinanber abmeidjenben Spielarten nadjfturoeifen, toobei aller* bings bie 2Itöglid)keit nid)t gan5 ausgefajloffen ift, bafc mir es in biefem leiteten ftalle mit feit langet 3eit nerroilberten einftigen Kultur* formen bes 2Ilenfd)en ju tun ^aben.

^ebenfalls fptedjen alle uns bekannten gefd)id)tlid)en Xatfad)cn bafür, bafc bie SBeijenkultur it)ren älteften nadjroeisbaren $erb in ber burd) ein reia>er5roeigtes Äanalnefc beroäfferten unb baburd) $u einem äu&erft fruchtbaren ßanbe gemachten (Ebene bes 3roeiftromlanbes jmifdjcn 3tan im Dften unb ftleinafien im 2Beften tjatte. §ier in Sllefopotamten, roo bas uralaltaifdje SJolk non Sumet unb Slkkab, b. f)- Sub* unb STorbbabnlonten bas ältefte füt uns nadjtoeisbate Äulturjentrum fdjuf, bas bann allmäf)lid) non ben eingeroanberten Semiten eingenommen mürbe, bie jene fiultur oöllig in fid) aufnahmen unb in cigenartiget 2Beife roeiterbilbeten, mar bie gan$e Lebenshaltung bes Volkes auf ben im teid) beoölkerten fianbe intenfio betriebenen SBeijenbau neben ber Sultur oon ©erfte unb $irfe, roie aud) Sefam als ftettfpenber, ge* grünbet 3)er ältefte gried)ifd)e ©efd)id)tfd)reiber £>erobot, ber ums 3at)r 460 u. <üyc. bas ßanb bereifte, mar oon ben (Betreibekulturen 93abrjloniens fo entjüdtt, baß er fpäter bei ber Skfdjreibung jenes ßanbes faßte: „Slffrjrien ift fo übermä&tg fruchtbar, baß bas (Betreibe einen jmeiljunbertfadjett, ja in ben beften 3o*)*en cin*n breiljunbertfadjen Ertrag gibt unb bafe bie ©lätter bes 2Bei$ens unb ber ©erfte reidjlid)

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3)ie (Sctreibcartcn.

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oier finget breit ©erben, §irfe unb Sefam aber fefjen bort au« roie Säume." SBenn roir aud) oon ber offenkunbigen Übertreibung biefes 23erid)terftatters abfegen, fo ift bod) fo tuet [irfjer, bag ber SBeiaen bort au&erorbentüd) üppig gebiet;. 2>er große Sd)üler bes 2lriftoteles unb naa; beffen lob im 3^t)re 322 §aupt ber peripatetifdjen Sd)ule, Xtjeo* pfjraftos (390—286 o. <Zt)t.) in Sitten, fdjreibt in feiner ^flanjengefdncfjte: „Zn SBabnlonien ift man genötigt, ben SBeiaen nid)t nur einmal, roie in anberen frudjtbaren ©egenben, fonbern fogar ameimal ab$ufid)eln, gum brittenmal aber mit Sdjafen abguroeiben; erft bann kann man ttjn in ben §alm roadifen laffen, weil er fonft 5U üppig in bie Blätter treibt. (Er gibt bort 50= bis lOOfältigen (Ertrag. 2>te große Fruchtbarkeit er- langt ber ©oben 93abnloniens burd) 23emäfferung." Stod) SBerofos, ein ^riefter ju »abnlon, ber im britten oord)riftlid)en 3af)rf)unbert brei ©üdjer über babnlonifdje ©efdjidjte in gried)ifd)er Sprache fduieb, be* rietet, baß ber 2Beiaen in ber ©egenb feine« SBofjnortes miibmad)fenb angetroffen merbe.

$uut) im älteften Stgupten, beffen Äulturoolk auf eingetjenbe aftro* nomifdje ßenntniffe geftüfct einen fdjon fct)r genau ausgeredeten Sa« lenber im 3af)re 4241 o. <SX)i. einführte, alfo bamals fdjon eine ftaunens= werte £öl)e ber Kultur errungen tjatte, erhielt ber SBeiaen ben SSorrang cor ber ©erfte unb mürbe feit ben älteften für uns nadjmeisbaren 3)nnaftien in fold)er Sllenge angepflanzt, baß bie ©djriftfteller bes Slltertums bie gange fruchtbare Stieberung am 3)elta bes Sliltales mit einem einigen, großen SBeijenfelbe oergltdjen. 2)er Steigen f)ieß im Slltägrjptifdjen su unb mürbe mie ber Spelt böti unb bie ©erfte ati in gmei Sorten, einer meinen unb einer roten, kultioiert ©eine Sfrudjt* liörner finben fid) faft regelmäßig unter ben Xotenfpeifen. 2Bie fie als 9tät)rfrud)t für bie fiebenben oon ber größten IBebeutung maren, fo follten fie aud) bie ©elfter ber 95erftorbenen nidjt entbehren. 2)ie altägnptifdjen ©rabbenkmäler jeigen uns fdjon gana beutlid) begrannten unb unbegrannten SBeigen, mie aud) fämtüdje Vorgänge beim pflügen, Säen, ©rnten, 2)refd)en unb Suagajinieren bes ©etreibes. 3>er Spflug aus ber ^ßnramibenaeit, b. f). bem ^Beginne bes britten oordjriftlidjen 3af)rtaufenbs mar ein gekrümmtes, oorn jugefpifctes §olj oon einem SBaumaft, an roeutjem, burd) ©aftftrime ober 2Beibengefled)t bef eftigt, ficr) bie 5)eid)fel befanb. ©r mürbe meift oon $Unbern unb nur aus* naf)tnsmeife oon oier Sttannern gu paaren gegogen. 5>ie 8ornfrud)t mürbe mit kurzen Sidjeln in ßntefjölje abgefdjnttten, in ©arben gu* fammengefdjnürt unb biefe auf ©fein nad) ber im freien auf etmas

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Die ©etreibearten.

erf)öt)terf bem 2Binbe leidjt 3u^tt geumtjrenbet Stelle erridjteten Xenne gebracht, roo man fie auflöse unb über bte Ulkten 9Unbcr ober C£fel im Äreife Ijerum trieb, bamit fie bie Börner austräten. SBätjrenb« bem roenbete ein Arbeiter mit einer §ol&gabel bie niebergetretenen Raufen um. Stermittelft ber 2Borfel rourbe bann bie ftruajt oon ber Spreu geföieben, b. fcj. Männer roarfen bie ausgetretene 2Haffe mit Sdjaufeln in bie &örje, fo bafe ber SBinb bie Spreu roegfegte, roäfpenb bie ferneren flörner jur (Srbe fielen. SHelfaa) rourbe bie Xättgkeit bes SBinbes burd) f)ins unb f>erfrf)roingen eines SBebels unterftüfet 2>ann rourbe bas (Setreibe, nadjbem es bura) ein 9lor)rfteb oom antjaftenben Staub unb llnkrautfamen befreit roorben mar, in Sä&e gefdjaufelt unb auf ben Kücken ber Arbeiter in bie oben geöffneten, tjorjen, runben Speicher getragen. 3" &en ftaatlia)en SHaga&men rourbe bas (Betreibe in größerer Stlenge für 3*iten ber 9lot auf oiele 3a&re hinaus auf* gefpeiajert 5>a ber 2Beijen bie $auptkulturpflan£e bes 5ttltales bübete, gehörte aud) SCei^cngcbäcn ju ben #auptnat)rungsmttteln ber alten Slgnpter. 2lad)bem bas 8orn oon ben Srtauen auf einfachen §anb* müßten gemat)len roorben roar, rourbe es mit SBaffer ju einem Xeig angemaßt, ber oielfad) mit ben nackten Srü&m geknetet unb $u ben oerfa)ieben[ten Erlaben unb Rucken oerarbeitet rourbe. SHefe rourben bann teils in fjei&er Slfdje, teils auf ersten Steinplatten, meift jeboö) in bimenkorbalmltdjen, etroa 1 m rjotjen SBacköfen, bie innen ge&efot rourben unb auf roeid&e bie flabenförmigen »rote außen angeklebt rourben, gargebacken unb in ber Kegel, um fie fa)mackt)after au machen, mit Sefamkörnern beftreut Soldes 2ßeijenbrot galt im alten flgnpten als bas oomerjmfte DpferbroL SHe Süeijenkulrur roar noa) jur «ömerjeit in flgnpten fo ausgebest, ba& teilroeife bie Proletarier in Korn mit beren (Erträgnis gefüttert rourben. So rourben unter «aifer Sluguftus allein 20 SHUltonen römifcfjer modü 175 Sllillionen fiiter) SBeijen aus SUeranbrien nactj Korn oerfa)ifft, unb roenn auet) biefer oon «piinius in feinem SBericfjt über bie (Büte ber nad) Korn ge* fanbten Xrtbutleiftungen ber oon ben Römern unterjochten SBölker bem ttalieniftt)en, böotifa)en unb fijüifajen SBetsen naajgeftellt roirb, fo ift bies nur bamit ju erklaren, baß bie Ägnpter $u biefen 3H>angsltefes rungen begretflidjerroeife nid)t bie beften Sorten (Betreibe genommen Ijaben ro erben.

Suutj in Snrien unb fßaläftina roar ber SBeijen als <Betreibefrud)t fetjr angefetjen unb rourbe neben ber (Berfte oiel kultioiert, roie fd)on oerfö)lebene biesbejüglia)e Stellen aus bem Sitten Xeftamente bartun.

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Dk ©etrcibemrten.

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60 wirb in 3efaias 28, 25 gefegt, bafc man 2Beiaen unb (ßerfte, toie aud) Spelt jegltd)es an feinen Ort fac unb foldjes nad) bet (Ernte burd) 5>arübertteiben oon Slinbern ausbtefd)e. 2>abei toutbe als Xenne ein menn möglid) erster, bem 2Binb altfeittg 3utritt gebenbet Ott getoä&lt 9tut ausnaljmstöeife routbe eine in ben anftefcenben ftete gehauene Vertiefung, in roeldjer man fonft bie Xrauben bei bet 2Bein* beteitung mit ben frü&en jetttat unb bie bes&alb oon ßuttjet bei feinet SBibelüberfefcung als geltet begeidmet würbe, gum 3>refd)en benufct, toie beifpielsioeife im SBuaje bet 9ltd)ter 6, 11, tao bei (Engel bes fcerrn fid) untet eine <Etd)e ju Dpljra fefcte, „bie mar 3oas, bes Sätet» bei (Efriter, unb fein Solm ©ibeon (bet £elb unb §eerfiu)rer %id)tet bet 3fraeliten im 12. 3atjrfmnbert 0. <£fn\, bet fein SSolk oon bei fiebenj&tjrigen fcerrfdjaft bet SlÜbiantter befreite) brofd) Sßeigen in bet geltet, bag et flötje not ben SHibianttetn*. Unb als bet (Engel feine SBotfdjaft ausgerichtet hatte, bag bet $err mit ifjm fei unb et bie Sllibianitet fdjlagen toetbe toie einen einzelnen SKann, ^ieg Um (Eibeon matten, bis et ihm ein Speifeopfet geleiftet habe. „Unb (Eibeon ging unb fd)lad)tete ein ^kQcribödddn unb nahm ein epha ungefduertes 9Kef)( (b. h- aus ungefäuertem Xeig gebackenes ftlabenbrot) unb legte (bas gehockte) ftleifcr) in einen fiotb unb tat bie $8rür)e in einen Xopf unb brachte es ju ihm heraus untet bie <Eia)e unb ttat ^etju. 3>a fprad) bet (Engel (Eottes: Stimm bas Sfleifd) unb bas Ungefcwerte unb lag es auf bem ftels, oet hier tft, unb gie&e bie 23rühe aus. Unb et tat alfo. 3)a reckte bet (Engel bes §errn ben (Sternen aus, ben er in ber §anb ^atte, unb rüfpete mit ber ©pifee bas Srleifch unb bas um gefäuerte SHe^l an. Unb bas Breuer fuhr aus bem ftels unb oerjerjrte bas Srleifd) unb bas ungefäuerte 9Het)L Unb ber (Engel bes $errn oerfd)manb aus feinen Slugen." 3)a baute (Eibeon bafelbft bem &errn einen Slltar unb tjiefc it)n: ber §err bes Erlebens.

Sehr frühe fcfjon in oorgefa)id)tlid)er Seit kam auch ber 2Bei&en mit ber (Eerfte unb ber &irfe roie gu ben neoliU)ifa)en $ackbauern (Europas, fo aud» nad) Dften ju bem alten ftulturoolke ber dtjinefen, als fie nod) im 3nnern Slfiens fafjen. JBei tr)rerr roie bereits bemerkt, in bas oierte nord)riftlid)e 3a^aufen0 8U fefcenben Slusmanberung in bie fruchtbaren (Eegenben 9lorbd)inas roaren fie fd)on langft im SBefifce biefer mertoollen 9Tährfrud)t 3" °en drtnefifcfjen SUnnalen mirb oon einem Äaifer namens Schenkung berichtet, bet ums 3°&r 2800 o. (E^r. lebte unb anorbnete, ba& bei einem alljät)rlid) roieberkehrenben großen Grefte in fojnbolifdjer §anblung bie fünf mid)tigften Äultur*

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pfianacn ber bamaligen 3cit ausgefät roerben follten. Unter il>nen befanb fia) neben bet ©erfte, bem «eis, ben Sojabohnen unb bet £irfe aud) ber SBefoen.

3>ie in ben neolitrjifdjen *Pfal)lbauanfieblungen Snitteleuropas am häufigften neben bet für (Europa älteren ©erfte angebaute ßörnerfruajt roar nad) ben eingel)enben Unterredungen bes oerftorbenen 3ürid)er »otamfeers Dsmalb £eer ber feleinfeörnige ^fa^lbautoeiaen, eine fjeute ausgeflogene aBeijenart, roeldje burd) itjre feljr feieinen Börner anseigt, bafc biefe ©etretbeart nod) fet)r menig burö) künfrlicr)e 3ud)t unb Suis* lefe uerebclt roorben roar. daneben rourbe ber (Emmer unb bas (Ein* feorn ober ber 3ioergroei5en, amei ebenfalls fct)t wenig ausgiebige ©e^ tretbearten, angepflanzt (Erft ju 93eginn ber ©ronaejeit, ettoa um 1800 o. (£t)r.f rourbe burd) bie regeren fcanbelsoerbinbungen mit ben öftlidjen Stlittelmeerlänbern, bie burd) itjre großen, met)lretd)en ©amen fid) als l)od)geaüd)tete Slrt ausroeifenbe, ertragreiche agnptifdje Äultur* oarietät, ber fogenannte SHumienmeijen fo genannt, roeil er fid) ben aitögnptifdjen Sllumien mitgegeben finbet ju ben öadtbauem «mittel* europas gebracht

Slud) bei ben ©rieben ber ^omerifdjen 3«t roar neben ©erfte unb Spelt ber SBeijen bas §auptgetreibe, beffen Äörner aud) ben *Pferben unb bem QfebenrieQ, foroeit foldjes fdjon in menfdjltdjer Pflege ftanb, oerfüttert rourben. So rourben nad) ber Ziias bie fdjneüfüfugen Sloffe bes 2)iomebes unb nad) ber Obnffee bie groangig ©anfe, bie ?ßenelope auf it)rem ©ute in 3tyafea befa&, mit „liebüd) fdjmedienbem SBetjen" (pyrös) gefuttert Hnb als §efetor jum Kampfe gegürtet aufbridjt, rebet er, beoor er ben jroeiräberigen Sd)lad)tooagen befteigt, feine bei- ben Spferbe an: „2Bof)lauf, if)r meine Stoffe, jeigt eud) banfebar für bie gute Pflege, bie eud) 9lnbromad)e (feine ©attin) angebeitjen lieft, inbem fie eud) feöftüdjen SBetjen unb SBein oorfetjte, fo oft tyr nad) Orntter unb Xranfe oerlangtet "

S5on fpäteren gried)ifd)en Tutoren fdjreibt I^eop^raft in feiner ^5flan3engefd)id)te &u (Enbe bes oierten oordjriftltdjen 3al)rt)unberts: „(Es gibt oiele Sorten oon SBeijen. Sie tyabtn ir>re Slamen oon iljrem 93aterlanbe ober von anberen 2>ingen unb unterfdjeiben fid) in ber Srarbe, ©rö&e unb ©eftalt unb anberen (Eigenheiten ber Börner, finb aud) an SBirfeung unb Stäljrferaft oerfdjieben. Sllandjer SBeijen roirb im §erbft, mancher bagegen im ftrütnah* gefät (Es gibt aud) eine Sorte, bie in brei, eine, bie in jroei Monaten reif roirb; auf (Euböa foU er oon ber Slusfaat bis jur Steife nur 40 läge brauchen. Sin

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2>lc (Betreibearten.

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Släljrroert ftnb manche ©orten fo oerfcfjieben, bajj Sämpfer, bic in 93öo* tien kaum btei $funb oerjefjren, beren faft fünf brausen, menn fic nad) Sitten Kommen. 2)er ©runb folget JBerfdjiebenrjeit liegt im »oben unb in bet 2uft" Unb (Solumella, ein ans Spanien nad) 9*om gekommener römifdjer 31dierbaufd)riftfteller aus bem erften 3at)r- tjunbert n. (Erjr., faßt in feinem 23udje über ben ßanbbau: „2>ie roidjtigften unb bem Slleufdjen nüfclidjftcn ©etreibearten finb SBeigen (triticum) unb Spelt (semen adoreum, b. t). beim Dpfer bargebradjter ©amen; fein getööfjnlidjer Slame mar bei ben Römern far). 2ßir kennen mehrere SBeiaenf orten; für ben Stnbau eignet fi$ aber biejenige am beften, bie robus genannt roirb, roeii fic fid) bura) <5eroid)t unb ©lanj ausjeidjnet. 5)en 5toeiten 5lang nimmt ber ©iligomeigen ein; er gibt ein köftlidjes 23rot, roiegt aber leitet 2)ie britte Sorte ift ber 3)reimonatsmeijen; er ift bei ben ßanbleuten ferjr beliebt, benn er tjilft aus, roenn Siegen, Überföjroemmung ober eine anbere Urfadje bie seitige SUusfaat oerljinbert tjat. 2)iefer ift übrigens aud) eine Siligoforte. Sllle übrigen SÜeijenarten kann man redjt gut entbehren, es fei benn, bafc man feine 2rreube baran f)at, redjt vielerlei ju befifcen unb sur Sdjau ju ftellen."

(Solumellas 3^töcnoffe Vilnius meint: „3)er SBeiaen faugt bas ßanb am meiften aus. Zn oerfdjtebenen (5egenben merben oer|d)tebene ©etreibearten gebaut, unb biefelbe Slrt füt)rt aud) nid)t überall ben* felben Flamen. 3)ie gemeinften finb Spelt (far), frütjertjin aud) adoreum genannt, ferner siligo uiie ber Spelt grannenlos unb SBeigen. Siligo tjeigt eine garte 2Beijenforte, fie ift toeig, kraftlos, leidjt unb eignet fid) für feudjten »oben. 3cnfcttg ber Sllpen r)alt fie fid} nur im ßanbe ber Slllobroger unb SHeminer (keltifdjer SBergoölker in ber Gallia narbonensis, b. t). Sübofrfrankreid)), in ben anbern gef)t fie nad) jroei 3a*)rcn m ^Beigen über. (Sine anbere SBeigenart, arinca, roirb in (Pallien, jebod) aud) in 3talien angepflangt; in $gnpten, Snrien, Äilikien, ßletnafien unb ©riedjenlanb bagegen oorjugsroeife zea (eine Ulrt Spelt), olyra (eine Slrt SCeijen) unb tiphe ((Einkorn). 21gt)pten liefert ein feines SBeiaenmerjl, bas aber bem italienifdjen an (öütc nad)ftct)t" Später fdjreibt er, um 311 fagen, roie frudjtbar ber Sßeijen fein könne: „Zn ber bnjakifd)en Sanbfdjaft Afrikas (Sllgerten) gibt ein 2u*a& ausgefäten SBeijens bei ber (Ernte 150 2lTa& gurüm. 3)er bortige Sßrokurator tjat bem ßaifer Sluguftus eine SBeijenftaube ge[d)ickt, roeldje aus einem florne geroadjfen mar, fid) aber in faft 400 #alme teilte. 2>as klingt kaum glaublid); aber bie barüber ge*

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Die (Betretbearten.

roedrfelten ©riefe finb nod) oor&anben. (Er t)at aud) bem Stero eine Sßeigenftaube mit 360 fcalmen au» einem Äorn gefajitkt fcunbert* faltigen (Ertrag geben audj bie gelber in Sizilien, SBättka (bie nad) bem frluffe »aetis = Uuabalquioir genannte füblidtfte, gang Slnbaluflen umfaffenbe Sprooing Spanien«), flgnpten."

Seit bem Slltertum roerben in (Europa rote in allen Äulturlänbern bie oerfdjiebenften Slrten oon begranntem ober unbegranntem SBeigen angebaut, auf beren Unterfdjiebe mir &ler nid)t eintreten können. (Es genüge gu bemerken, bog tjeutc jctyrlid) etma 90 SHUIiarben Äilo* gramm SBetgen geerntet roerben. $abei nimmt ber SBeigenbau immer noa) gemaltig gu, inbem ftetsfort neue Strecken Äulrurlanbes hierfür in Bearbeitung genommen merben. Unter allen 3*tealien bebarf ber 2Beigen am meiften SBörme; er oerlangt nämlicr) eine mittlere Sommer» temperatur oon -j- 14° C. ©egenroartig ift ber 2Beigenbau über bie gange gemäßigte unb fubtropifd)e 3one ber $Uten unb bleuen SBett oerbreitet 3n °er feigen 3<>ne kann fein Einbau nur nod) auf IBergen ftattfinben, beren Xemperatur berjenigen unferer (Regenten entfpricr)t 5lm beften geeignet gur fflteigenkultur ift lefjmfjaltiger fialkboben; boef) ift aud) lehmiger Sanbboben fet)r gut bafür. SBenn gu oiel £er)m oor* Rauben ift, ift ber ©oben gu feucfjt unb gibt einen nur geringen (Er* trag an Samenkörnern. Sonft nimmt es ber SKeigen nietjt allgu genau mit ber Sobenart (Er fliegt nur übermäßige Neuartigkeit unb oerlangt kotjlenfauren Äalk, baneben natürlich bie unentbehrlichen 9Iäfjr[toffe roie Stickftoff, ptjospfjorfauren ftalk unb SUkalien. Ilm ra* tioneüe (Betretbekultur gu betreiben, muß alfo ber Ackerbauer bie natür* lid)e unb djemifcfje 3ufdmmenfefeung bes SBobens, auf bem er (Stetreibe pf langen rcill, genau kennen unb bie $üngung besfelben bement« fpredjenb regeln. Slm beften ift babei entf Rieben ber Stallbunger, ber bie Sickerkrume nicfjt nur cfjemifcr), fonbern aud) ptjrjfikaltfct) oerbeffert

ttu&erbem ift es nötig, baß ber Sicker auf bem ber 3Beigen ge= beiden foll, forgfältig oon Unkraut gereinigt fei, meil biefes Kultur- geroad)s ftd) leicht burd) allerlei Unkraut oerbrängen lögt Slus biefem (Brunbe lögt man groifajentjinein auf bem gur SBeigenkultur oerroen« beten ©oben eine Äultur roie Runkelrüben ober Xabak roadjfen, bie bas Unkraut oertilgt Überhaupt foll möglicher 2rrud^troed)fel geübt roerben, bamit ber ©oben trofc ber 2>üngung nid)t einfettig ausgefogen toerbe.

SHe (Entroicklung unb bas Keifen bes Äorns finb, roas bie 3eit* bauer betrifft, ^auptfäcrjUct) vom Mma unb oon ber ©etreibeforte ab*

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3Me (Setreibearten.

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gängig. S)as als SBmterkorn bezeichnete (Betreibe wirb in ben nörb* itd)en (Begenben bet gemäßigten 3onc im Oktober, in ben füblid)en jebod) erft im 2>eaember gefät 5)as Sommerkorn bagegen kommt erft im Snörj ober Slpril aur Slusfaat 3rür ein einigermaßen rauhes ftlimo kann als ©runbregel gelten, bog bas Äorn keine Spur oon 2Bad)stum jeigt, fo lange bie Temperatur niebriger als -f C. ift, unb baß es ungefaßt brei 2Bod)en wadrfen muß, beoor es ber SBmter* kälte 2Biberftanb ju leiften oermag.

Hm eine reiche (Ernte ju eraielen, muß bas Saatkorn nöllig reif unb ferner fein, fid) trocken anfügen, leicht burd) bie frtnger gleiten unb bur$ bie :Unkraut*3luslefemafcr)inen oom Unkraut befreit fein. Um allfäüige, bem unbewaffneten Sluge unfidjtbar an ifjm fcaftenbe Krankt)eitskeime, befonbers bes ©etreiberoftes unb Stinkbranbes $u entfernen, wirb es tfibem oor ber Slusfaat gekalkt ober gefcfcwefelt; lefcteres ift bie am meiften geübte, grünblidjfte unb i\iq\t\d) biUigfte 9Ilettjobe. 5>aau wirb bas Saatkorn in einem Sottict) mit einer £ö* fung oon 300 g fctjwefelfaurem flupfer auf 100 ßiter SBaffer gemafd)en, toobei bie obenauf fct)wimmenben leisten ftörner als aur ®öfll unge* eignet entfernt werben. Sei bem nur auf kleineren ^Bauernhöfen ge= übten ßalken roirb bas Sorn mit einer aus 1,5 ßiter ungelöf altern £alk auf 100 ßiter SBaffer hergestellten Salkmild) begoffen unb babei fortgefefet mit ber Sd)aufel umgeroenbet, bamit jebes einaelne fiorn gut mit ber SRaffe imprägniert roerbe.

2Hefe 25orfid)tsmaßregel ift burefjaus nötig, benn ber 2Beijen roirb wie alle ftulturpflanjen oon oerfctjiebenen bösartigen ?ßilakrankt)eiien f)eimgefud)t Seim Stinkbranb roerben bie ^rudjtknoten mit einer park nad) §eringslahe ried)enben, klebrig=fd)mierigen Sporenmaffe er« füllt fiommen foldje erkrankte m^ren unter bas (Betreibe, unb werben gemahlen, fo können große Sltengen oon 2Het)l oollftänbig unbrauchbar gemacht werben. Stocrj oerbreiteter unb, wenn möglich, bösartiger ift ber (betreib er oft, ber alle (Betreib earten heimfucr)t (Es bilben fid) babei an ben Slättern rötliche Sflecfcen, bie bie (Entwicklung ber Spflanae t)tnbern unb nid)t bloß ben (Ertrag tjerabfefeen, fonbern and) bas (Sin* gehen ber erkrankten ^pflanae bewirken können. 9toft kommt aus ber germamfdjen SBurael nid, b. f). rot Sei ben ©riechen tjieß er eris^be unb bei ben Körnern rubigo (oon rubus rot). 51us fturcfjt oor biefer fd)limmen (Berretbekrankhett opferten bie lefeteren fogar bem (Borte «ubigus unb feierten aur Slbwenbung ber ärankheit am 25. Slpril bie ftubigalien.

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2>le ©etreibcarten.

6a)on ben SBauern bes SHittelalters mar es aufgefallen, bafc bie ?toftkrankl)eit bes ©etreibes fid) immer nur ba geigte, mo in ber 9läf)e ber Srelber Serberifcenfträudjer ftanben. Dbgleid) bura>us kein 93e= meis für biefen 3ufammenf)ang erbrad)t merben konnte, mar ber ©laube baran fd)on fo tief gefeftigt, bafe tjäuftg bie ©eridjte bie (Ent- fernung oon Serberifcenfträud)ern aus ber STälje oon ©etreibefelbern beantragten. ©rft oor oer&ältnismä&ig kurzer 3^t trmrbe non ber miffenfdjaftlidjen ftorfdjung ber untrüglia)e 93eroeis erbrad)t, bafc bie Sprajis gang ridjtig erkannt tjatte. (Ein unb berfelbe *ptlg (Puccinia graminis) bebarf 5U feinem fortkommen bes 28irtsmea)fels, tnbem er in ber einen (Generation auf ben ©erreibeljalmen unb in ber folgenben auf ben JBlättern ber SBerberifcc, too er hellgelbe tpufteln ncr= urfadjt, fid) anfiebelt, um enblos biefen Kreislauf aufs neue gu oollfüfjren. Deshalb bürfen aud) abfolut keine ©erberifcenfträudjer in ber 9Tät)e non ©etreibefelbern gebulbet merben. Dies fei nur nebenbei bemerkt, um begreifltd) gu madjen, mie fetjr eine Desinfektion bes Saatkornes nötig ift

SSon tierifdjen Sßarafiten bes SBeigens ift oor allem bas SBetgenäldjen (Tylenchus scandens) gu nennen, meines bas fogenannte ©id)tigmerben ober ben faul- branb bes SBeigens oerurfadjt unb babura^) oft gcroaU tigen Stäben anrietet Die jungen miauen bringen in 2/m- ?C<itcn' bie SBlütenähre ein unb bilben, ähnltdi mie mandje

aldjen (Tylenchus ' , t

scandens), ftarh onfeWen^arüen ©allanfel, eine abnorme (rnttniaV Dcrßröfecrt. lung bes Korns, roas man als ©td)t ober $labenkorn begetd)net. Die SBetbdjen legen barein eine gro&e Sllenge ©ier unb fterben, mie aud) bie Sllänndjen, ab. Slus ben ©lern entroimeln fid) gefd)led)tslofe fiaroen, bie in Slnabiofe, eingetrodmet ben ftaubigfaferigen 3nl)alt bes ©idjtkorns bilben. ©elangt lefcteres mit ben gefunben 2Beigenkörnern in ben feudjten Sldterbobeu, fo merben bie mingigen SBürmdjen burd) 2Ba[ferguful)r mieber lebenbig, gelangen gu einer jungen SBeigenpflange, kriedjen an berfelben hinauf, tjalten fid) bei trockener SBitterung in ben ©lattfdjeiben olme »emegung unb Sebensgetdjen auf, fudjen aber bei einfallenbem SUgen mit bem ©mpor= maö)fen bes fcaimes immer meiter nad) oben gu kommen unb gelangen fo su einer 3eit fdjon in bie oberfte »lattfdjeibe, ba ficr) bie »lüte gu bilben beginnt. 3n biefe bringen fie nun ein, roadjfen gur ©efa)lea)ts*

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Süe ©etretbearten.

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reife &eran, paaren ftcr) unb pflanjen fid) fort, um ben Kreislauf ftets roieber auf» neue gu oollenben. Semerkensroert ift bie au&erorbent* lidje 3äfjlebiakeit ber SBetjenaldjen, bie, roie mehrfache Serfudje be* roiefen, nad) 20 unb mehr 3a^ren nölltger (Eintrockung bei SBefeuch* tung roieber aufleben. Haturgemäfc tritt ber. ftaulbranb in naffen 3aljren ftörker auf als in trockenen. 2)er ßanbmann mufe fid) gegen ben Schübling baburd) fchüfcen, bafe er alle gichtigen Körner bes siCei5ens am beften burd) Verbrennen oernidjtet unb jum Säen nur gefunbes, in einer ^albprojentigen Äupfermtriollöfung gebeijtes Saatgut nerroenbet.

So uorbereitet roirb bas Korn mit notier §anb, breitroürfig, roie man 5U fagen pflegt, auf ben burd) pflügen unb (Eggen oorbereiteten So ben geföt unb burd) nochmaliges (Eggen möglichft in itjn hinein« gebraut; benn alle an ber Oberfläche liegen bleibenben Körner erliegen ber Kälte ober ber Sonnenroärme, ober roerben oon ben banadi lüfter- nen Sögeln, befonbers lauben, roeggepickL SJiel beffer als bie STlenfdjenhanb beforgen bies ©efdjäft bie mobemen Sämafdjinen, bie ausgezeichnet rafd) unb gut arbeiten unb über bie $älfte bes Saatkorns erfparen, inbem fie ben Samen gleid) in bie (Erbe oer* fenken.

23ierjehn Hage nach &er Slusfaat erf feinen bie erften Seime, fo ba| ber 2lckerboben einen grünen Anflug erhält. Zm fiaufe bes 2rtühs jat)rs unb Sommers roäd)ft nun bas Korn im 2Bed)fel oon biegen unb Sonnenfchein Ijeran, treibt feine SBlüten, bie burd) ben SBinb mit bem reid)licf) ausftöubenben Rollen befruchtet roerben, unb lögt ben Samen reifen. Sobalb bie Samenkörner fo feft geroorben finb, bafj fie ohne gro&e Slnftrengung burd) ben klaget gerabe noch einen (Ein* brück bekommen, beginnt bie (Ernte, bie in kleineren Setrieben nodj von §anb, fonft aber in 5unet)menbem 9Ila&e ebenfalls burch 9Hafchinen beforgt roirb. Durch SHafchinen roirb es auch gebrofchen, geroorfelt, gefiebt unb babei bie (Betreibekörner nach öc* ©*Ö&e fortiert, roährenb bas Stroh automatifch 5U Sünbeln Bereinigt roirb. 3)ie ©etreibefäcke roerben in gut gelüfteten Scheunen aufbewahrt in ben 3en*rcn öcs (Setreibebaus benutjt man baju befonbere Silos mit automatifch arbei= tenben (Elenatoren, frür ben menfchlichen (Gebrauch roirb bann bas Korn in ben Bühlen gemahlen unb kommt als 9Ilehl oerfchiebenfter Sorte teils jum SBäcker, teils an bie 2ITakkaroni= ober Sd)iffsjroleback= fabrikanten ober roirb fonftroie in ben einseinen Haushaltungen jur fcerfteltung non allerlei (E&roaren nerroenbet.

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3Me (5etrelbearten.

3a&rtaufenbe tjlnburd) t)aben unfere Sinnen ber oorgefdjidjtHdjen unb frü$gefa)td)tlid)en 3cit bas jur fcerftellung oeg freies, bcr ©rüfce unb fpäter aud) bes 3riabenbrotcö nötige , bamals nod) äu&erft grob* körnige unb oielfad) mit feinen ©efteinsfplittern oermengte 2IIet)l felbft bestellen müffen. 3u biefem 3roedte rourbe bas meift kurj gefdjntttene 8orn butd) bie £ufe ber barüber getriebenen Slinber, 3iegen ober Sdjafe ausgetreten root)er überhaupt bie lateinifdje SBejeidjnung bes SBeijens triticum (oon tritare = austreten), b. t). bas „Ausgetretene" fjerrüfcrt unb in 33orratsbef)ältern oerfd)iebenfter ©eftalt aufberoafjrt Saraus polten fid) bie grauen jetoeilen iljren täglidjen «ebarf an 8orn. 2Bie fjeute noct) im Orient, konnte man einft früf) morgens

ntaM^MH^^v ftelltcn. (Es roar bies bie erfte »IIb 3. Stuf einet fcanbmfiblc ftorn au Wehl §Xr5cit bes lages, fooiel ßorn

tjet&t es in ben £obfprüd)en eines tugenbfamen 2Beibes aus ben Sprühen Salomos (fiap. 31, S5ers 15) oon „ber 5rQU» °ic morgens friu) aufftetjt, roenn es nod) 9Iad)t ift, unb bie Sprife für itjren 9Ilann, bie ßinber unb bas ©efinbe bereitet", b. t). auf ber §anbmüf)le bas für ben erften Xagesbebarf erforberlidje Som ju 2u*ef)l matjlt.

Urfprünglid) beftanben biefe $anbmüf)len, bie uns in groger 3abl in ben präfjiftorifdjen Sllufeen entgegentreten, aus 5roei lofen Steinen, einem kleineren, roaljenförmigen, ber auf einem größeren, fladjen über bas gu mafjlenbe ftorn f)in unb ficr gerieben rourbe. Spater rourben 5u>ei annätjernb gleid) grofce Steine fo äuget) auen, bafc ber obere, an roeldjem euentrifa) ein Ijöl&erner £anbgriff angebradjt roar, um ben unteren tjerumgcbrcfjt roerben konnte, roie bies fjeute nod) an ben im Sllorgenlanbe überall gebräud)lid)en öausmüfjlen &u fefjen ift Sold)e einfadje fteinerne fcanbmüljlen befa&en nod) bie beutfdjen Stämme jur

nod) cor bem Morgengrauen bas 9*eibegeräufd) ber primitioen fteinemen &anbmüf)len in ben Sieblungen ber Stein- unb SBronaejeit tjören, in benen bie ftrauen bas 9llef)l jur $er= ftellung bes SBreies ober ber fladjen, ungetriebenen 23rot= flaben für bas 2früf)ftüdi f)er=

uenetbenbe flgnpterin. Statuette aue ßalfefteln um 2600 o. <£br. Jefet im «Ilten STlufeum in ©erlin.

als für bie erfte Sllaijljeit ber Öausgenoffen nötig roar, ju 9llet)l ju mat)len. 2)esf)alb

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Xafel 1.

1. ^Roggen, 2. blütjcnöcs ^loggenäbrcrjen, '.i. opclt ober Sinket, 4, Dicrjciltgc (Serftc, 5. (Emmer, 6. unbegrannter SBciaen, 7. begranntcr SBetjcu, 8. reife« ^Ihrcrjcn von unbegranntem SBeijen, 9. jcoeijeilige (Berftc, 10. £>afer, 11. $aferülircr)cn in ber 23lütc, 12. fcdjöäcilige (Berfte, 13. vilf)rd)cn ber juietieiligen ©erfte.

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lafcl L\

<^JI)ot. von £. 9tcint>arbt.)

Jöoljpf Uui mit ^Ilotallipiuc, roie er heute nod) in Xoekana oerroenbet roirb. 2>ie gleiche Jorm mar fdjon im SUtertum üblief). 3m £>intergninbe Stüh/

bäume für SDeinreben.

2)ic (Enttoidilung be* Pfluge*, bargcftellt in ben 9ITobellen be* Dcutfdjen 9Hufeuma in OTündjen fftyot unb 23erlng non sjn. Stuffler).

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Sctfel 3.

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Sie ©etrdbearten.

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3eit ber SBölkermanberung. (Botifd) t)icfecn fic quairnus, oli&oc&beutfd) quim ober quem. Sin leitete erinnern nod) manche (Eigennamen mie Querner, Serner, Börner, bie alfo gleidjbebeutenb mit unferem 2Borte SHüller fmb, unb Ortsnamen mie Quirnfurt, Querfurt, ßörnbad) ufm. 2>aß aber ganje Orte nad) ber $anbmüf)le quirn bezeichnet mürben, »eißt, baß es im Rttttelalter neben ben Kleineren auch größere Rlühlen gab, roie fic nicht in jebem £aufe, nicht einmal an jebem Orte oor* kamen, meil fie fonft kein unterfchetbenbes ßennjeichen für bie SBe* nennung hätten abgeben können. 2ßa^rfd)einlid) mürben fie fpäter fo oergrößert, baß fie buraj Xiere getrieben mürben, mas bei ben ©rieben unb Römern ber fpäteren fyit bereits allgemein üblich mar. Slber mit bem Untergange ber l^liemfd>römifd)en Äultur oerfielen in ben SBebrängniffen ber Sölkermanberungsjeit biefe bequemen (Einrichtungen an ben meiften Orten unb kamen außer (gebrauch. 60 benufeten bie (Bermanenftämme bes frühen Rlitteialters noch ausfchließlidj bie kleinen §anbmüt}len. (Erft nach unb nach kamen bei ihnen bie oon ben Römern in ben oon ihrer Kultur befruchteten (Gebieten gebauten molinae, b. h- meift fo^on burd) SBaffer* \tatt lierkraft getriebenen Rlühlen auch in (Germanien allmählich in ilufnahme. 2>eren Anlage erheifdjte jebod) fo oiel 93orbereltungen, mie (Ermerb oon SBafferredjten unb fianb, Stauung bes SBaffers, (Einrichtung ber SBafferräber unb ber an fie gekuppelten 9ltafd)inen, baß biefe „Rtülinen", mie fi* im fpäteren Rlittelalter genannt mürben (frans, moulin), fitf) nur fcr)r lang* fam neben ben allgemein gebräuchlichen Quirnfteinen einbürgerten.

2)ie SBaffermühlen maren übrigens burchaus keine römifd)e (Er« finbung, fonbern bienten fchon fehr früh i™ Orient zum (Erfafce ber menjdjlichen ober tierifchen Äraft bei ber Riehlbereitung. ^Bereits Sllithrtbates ber (S>roße (132—66 0. <£hr.), ber im 3^h^ 88 DOn ben ftüftenlänbern am S^mar^n ?Heere aus ganj Äleinafien eroberte unb bafelbft alle Römer, etma 80000 an ber 3dhU ermotben ließ, befaß in feinem Reiche melche. (Es maren bies oberfchlächtige SBaffer* räber, bie früher bekannt maren unb bem Rltihlenbetriebe bienten als bie unterfchläd)tigen, oon benen uns erft ber römifche Äriegsingenieur unter (Xäfar unb Sluguftus, Sitruoius, berichtet Öffentliche 2Baffer= mühten kamen in Rom erft ju (Enbe bes 4. 3öh*hun&erts w. (£hr- unter ben fiaifern f>onorius unb Slrkabius auf, unb bas ältefte bar« auf bezügliche (Befefo aus bem 3aljre 398 zeigt beutlich, baß fic bamals noch eine neue (Einrichtung maren, bie man burd) öffentlichen ©djufc fichern mußte. 2)arauf bezügliche ^Befehle mürben noch gegen bas

««tnbarbt, auUurfl<[#l<ftte bet Wufcpflanjtii. I. 2

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2>te ©etreibearten.

(Enbe bes 5. 3<*t)rt)unberts oon Saifer %tno erneuert. 2)iefe 2u*üf)len lagen an ben flanälen, bie 2Baffer nacrj 9*om fütjrten, unb konnten, ba fie nur oon roenig SBaffer getrieben mürben, jebenfalls nur oer= t)ältnismä&ig geringe firaft entroi&eln. 2Us ber ©otenkönig 93itiges im 3afjre 536 ben ftelbtjerrn bes oftrömifcr)en fiaifers 3ufnman» ©elifar, in SRom belagerte unb bie 14 großen SBafferleitungen ber Stabt oer* ftopfen liefe, geriet biefer in grofee 23erlegent)eit, niä)t megen SBaffer* mangel überhaupt benn bagegen fieberte Um ber Xiberftrom , fonbern megen 93erluftes besjenigen 2Baffers, bas bie 2llüt)len trieb, bie alle an btefen Kanälen lagen, tpferbc unb Dcfjfen, bie man gum

JBllb 4 u. 5. Xuird) Slrbeitefhlaoen ober tooljl häufiger tmrd) etn OTaultier ge- triebene OTürjle aus $ompejt. (9lad) Sllau.) 4. Tie aus 2aoa gehauenen beiben 2Hal)lftcine famt